knochen & geweih – vergessene werkstoffe
Wie das archäologische Fundspektrum zeigt, waren Knochen, Geweih & Zähne vor der Erfindung von Plastik vielseitig eingesetzte Werkstoffe. Von der Steinzeit bis zum Mittelalter wurden zahlreiche Gebrauchsgegenstände aus den stabilen, gut bearbeitbaren und in ausreichender Menge verfügbaren Materialien herausgearbeitet.
Leider sind Knochen & Geweih im Lauf des letzten Jahrhunderts in Vergessenheit geraten. Mehr noch lösen Erläuterungen zu deren Nutzungsmöglichkeiten im „Zeitalter des Veganismus“ oftmals abwehrende Reaktionen aus.
Es liegt mir nichts ferner, als qualvolle Massentierhaltung gutzuheißen. Dennoch ist es mir ein Anliegen, Knochen, Geweih und Tierzähne aus der Nische des folkloristischen Oktoberfest-Trachtenschmuck-Anhängsels zu holen.
Mit einem Stand möchte ich auf die Bedeutung von Tieren für das Leben in der Ur- und Frühgeschichte eingehen, Einsatzmöglichkeiten der Werkstoffe mittels Repliken zeigen, sowie mit der Vorführung der Knochenbearbeitung die Augen für das Können der Handwerker öffnen.
Die Standpräsentation variiert je nach Zeitstellung der Veranstaltung.
knochen in der steinzeit
Aus der Steinzeit ist ein ganzes Arsenal an Waffen & Werkzeugen überliefert, die funktional überzeugen und teilweise sehr ergonomisch geformt erscheinen. Dabei haben sich die Menschen die natürliche Wuchsform von Knochen und Geweih zunutze gemacht, um möglichst wenig Arbeitszeit in die Bearbeitung zu investieren.
Am Stand darf Speerspitzen, Ahlen und Nähnadeln auf den Zahn gefühlt werden. Die Wirksamkeit von Feuersteinklingen kann an einem Knochenstück getestet werden. Klanginstrumente, figürliche Schnitzereien und Schmuck erzählen von kulturellen Aktivitäten der Jäger und Sammler.
knochen in der antike
Zur Zeit der Römer gab es zwar keine Werkzeuge und Waffen aus Knochen, Schlachtabfälle aber wurden in großem Maßstab vor allem mittels Drechselbank bearbeitet.
Aus großen Röhrenknochen entstanden Döschen. Zarte beinerne Haarnadeln hielten die aufwendigen Frisuren römischer Damen zusammen. Funde von Scharnieren, Messergriffen, Spielsteinen, Spielwürfeln und Schreibgriffeln sind weitere Zeugen für die regelrechte Knochenindustrie. Im Schmuckbereich kam Knochen auch anstelle von Elfenbein zum Einsatz.
knochen bei den alamannen
Im frühen Mittelalter besaß so gut wie jeder Mensch einen Haarkamm aus Hirschgeweih. Das Haar – als Sitz der Kraft oder der Seele angesehen – wollte gut gepflegt sein. Was konnte dafür besser geeignet sein als ein Kamm aus einem Material, welches sich unermüdlich von Jahr zu Jahr neu bildet? Vermutlich schrieb man Hirschgeweih magische Kräfte zu.
Die zeitaufwendige Herstellung eines merowingerzeitlichen Dreilagenkamms wird am Stand von zeitsache anschaulich erläutert.
Die nicht benötigten Endstücke der Geweihe verwandelten die Handwerker in Schmuckstücke – die Geweihspitzen in so genannte Donarkeulen, die Geweihbasis in scheibenförmige Geweihrosen. Wie verschiedene andere Gegenstände wurden Geweih-Anhänger von den Frauen am so genannten Gürtelgehänge getragen. Deswegen werden die Anhänger auch als Fruchtbarkeit und Wachstum steigernde Amulette gedeutet.
Verziert sind die Kämme und Amulette mit Kreisaugen. Dieses kann dem Auge gegen den bösen Blick gleichgesetzt werden. Am Stand von zeitsache darf das Bohren von Kreisaugen mit einem speziellen Handbohrer, der Dreule, ausprobiert werden.
Aktuell gibt es keine Termine für handwerkliche Vorführungen der Knochen- & Geweihbearbeitung. Weitere Vorführungen finden Sie unter termine vorführung!
Wenn Sie selber Knochen bearbeiten möchten, finden Sie unter diy schmuck kurse weitere Informationen.